Leitentscheidung des OGH zeigt Gefahren bei Restrukturierung von Stiftungen
In einer wegweisenden Entscheidung vom September 2018 hat der OGH grundlegende stiftungsrechtliche Fragen geklärt, die insbesondere bei Restrukturierungen von Stiftungen bedeutsam sind.
Der Entscheidung lag eine im Jahr 2010 vorgenommene Übertragung des gesamten Stiftungsvermögens in eine neue Stiftungsstruktur zugrunde, bei welcher bei der übertragenden und empfangenden Stiftung die gleichen Organwalter tätig waren. Nach Übertragung des Vermögens wurde die übertragende Stiftung beendet. Im zugrunde liegenden Fall klagte die übertragende Stiftung, vertreten durch einen Beistand, auf Rückabwicklung und machte geltend, dass die gesamte Übertragung unwirksam sei, da die neu errichtete Stiftung nicht den gleichen Zweck verfolge, wie die übertragende Stiftung.
Der OGH hat der Klage nunmehr Folge gegeben. Der OGH hat klargestellt, dass die Bestimmungen des PGR über die Einschränkung von Vertretungswirkungen, insbesondere Art. 187 Abs. 2 PGR auch auf Stiftungen anzuwenden sind. Gemäss OGH verpflichten daher Vertretungshandlungen die Stiftung nicht, wenn diese den Stiftungszweck überschreiten und dem Dritten bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, dass der Stiftungszweck überschritten wird.
Der OGH hat auch klargestellt, dass die Übertragung des Stiftungsvermögens auf eine andere Stiftung nicht per se eine Änderung des Stiftungszwecks darstelle. Zu beachten ist vielmehr, ob Ermächtigungen zur Änderung des Stiftungszwecks vorliegen oder aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung des Stiftungszwecks gegeben sind. Gemäss OGH sind Änderungen einer gemeinnützigen in eine privatnützige Stiftung oder umgekehrt zweifellos als Änderung des Stiftungszwecks anzusehen. Gleiches gilt auch für eine Änderung von reinen Familienstiftungen in gemischte Familienstiftung und umgekehrt.
Im gegenständlichen Fall wurde eine reine Familienstiftung in eine gemischte Familienstiftung geändert und war kein Recht zur Änderung des Stiftungszwecks vorgesehen. Der OGH sprach somit aus, dass die im Jahr 2008 vorgenommene Übertragung des Stiftungsvermögens den Stiftungszweck verletzt habe und somit ex tunc unwirksam ist. Als Konsequenz sprach der OGH der übertragenden Stiftung einen Anspruch auf Rückabwicklung zuzüglich Zinsen zu.
Die Entscheidung misst dem Stiftungszweck, also dem Kern einer jeden Stiftung, in welchem sich der vom Stifter festgelegte und versteinerte Stifterwille widerspiegelt, eine besonders hohe Schutzwürdigkeit und Bedeutung zu und zeigt auch die Risiken in Zusammenhang insbesondere mit Restrukturierungen bei Stiftungen auf. Erfolgt eine Übertragung nicht zweckkonform, so besteht eine hohe Gefahr, dass es auch nach vielen Jahren zu einer Rückabwicklung kommt.
(Anmerkung: der Verfasser war im Verfahren als Rechtsvertreter tätig.)