Im September 2020 stellte die europäische Kommission ihren Verordnungsentwurf zur Regulierung von Kryptowerten vor, mit welchem ein europaweiter Rahmen zur Regulierung von Kryptowerte aller Art und damit verbundene Dienstleistungen und Emissionen geschaffen werden soll. Der Entwurf verfolgt vier allgemeine Ziele:
- Schaffung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, um die sichere Entwicklung von Kryptowerten und Nutzung der DLT im Finanzdienstleistungsbereich zu fördern;
- Förderung von Innovation und fairem Wettbewerb durch Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen für die Ausgabe von Kryptowerten und die Erbringung damit verbundener Dienstleistungen;
- Gewährleistung eines hohen Grads an Verbraucher- und Anlegerschutz sowie Marktintegrität; und
- Eindämmung potentieller Risiken für Finanzstabilität und Geldpolitik.
Durch den Verordnungsvorschlag sollen EU-weit regulatorische Hindernisse für die Emission, den Handel und den Nachhandel von tokenisierten Finanzinstrumenten unter Wahrung des Grundsatzes der Technologieneutralität beseitigt werden und die Finanzierungsquellen für Unternehmen durch eine vermehrte Ausgabe neuer Kryptowährungen (ICO’s) sowie tokenisierter Finanzinstrumenten (STO’s) erweitert werden.
Genauso soll das Risiko von Betrug und illegalen Praktiken auf den Token Märkten gemindert und neue Investitionsmöglichkeiten und neue Arten von Zahlungsinstrumenten für Verbraucher und Anleger eröffnet werden.
Die künftige Verordnung soll eine einheitliche Regelung für alle Mitgliedsstaaten und erfassten Teilnehmer gewährleisten, welcher angesichts der bereits breiten Akzeptanz von Kryptowerten nach Auffassung der Kommission längst überfällig ist. Das Inkrafttreten ist frühestens für Ende 2022 zu erwarten. Ein Grossteil der Bestimmungen soll zudem erst nach einer Übergangsfrist von 18 Monaten Geltung erlangen.
Die geplante EU-Verordnung ist auch für Liechtenstein in mehrerlei Hinsicht von zentraler Relevanz. Denn die Verordnung ist ein für den EWR Binnenmarkt relevanten Rechtsakt, welcher daher auch im EWR Geltung erlangen wird.
Das Fürstentum Liechtenstein war eines der ersten Länder der Welt, welches mit dem am 01.01.2020 in Kraft getretenen Blockchain Gesetz (TVTG) auf eine umfassende Regulierung des Blockchain Bereichs gesetzt hat. Das TVTG stellt nicht nur die Erbringung bestimmter Dienstleistungen im Bereich Blockchain unter Bewilligungspflicht und statuiert Informationspflichten bei öffentlichen Angeboten. Das TVTG hat insbesondere als erstes Land der Welt mit dem Token Container Model (TCM) den Token als Rechtsinstitut anerkannt und Token auf Basis der darin gehaltenen Rechte unterschiedlich klassifiziert. (Utility Token, Security Token, Payment Token). Liechtenstein agiert daher bereits seit beinahe 2 Jahren als Musterbeispiel für die praktizierte Regulierung des Blockchain Bereichs.
Ein Blick auf die in Liechtenstein geltenden Bestimmungen zeigt auch, dass das TVTG auch als Vorbild für die geplante Regulierung auf europäischer Ebene diente. So übernimmt der MiCAR Entwurf insbesondere das Token Container Model des TVTG, die Bewilligungspflicht der Erbringung bestimmter Blockchain Dienstleistungen und auch die Informationspflichten bei öffentlichen Angeboten.
Entsprechend werden sich nach Inkrafttreten der MiCAR für Liechtenstein nur geringfügige Änderungen ergeben und werden sowohl die bestehenden als auch künftigen Projekte in Liechtenstein von der mehrjährigen Erfahrung und Praxis der Dienstleister und Behörden im Bereich der Regulierung von Cryptoassets profitieren können.
11|2021