Am 01.01.2021 trat in Liechtenstein die neue liechtensteinische Insolvenzordnung in Kraft.

Im Zentrum dieser Totalrevision des Insolvenzrechts stand eine Vereinheitlichung des Insolvenzrechts für natürliche und juristische Personen, die Schaffung eines attraktiven Sanierungsverfahrens, eine bestmögliche Befriedigung der Gläubiger zu erreichen und gleichzeitig die Fortführung und Sanierung von Unternehmen zu fördern.

Zudem wurde in Liechtenstein erstmals die in anderen Ländern lange bestehende Möglichkeit einer Entschuldung von Konsumenten und ehemaligen Unternehmern eingeführt, um diesen die Möglichkeit zu gewähren, neu zu beginnen („Fresh Start“ oder „Second Chance“).

Bei der Ausarbeitung der Insolvenzordnung orientierte sich Liechtenstein grösstenteils an der bereits reformierten österreichischen Gesetzeslage, weshalb die entsprechende Lehre und Rechtsprechung aus Österreich zu beachten ist. Das Insolvenzverfahren wird nunmehr entweder als „Konkursverfahren“ oder als „Sanierungsverfahren“ geführt und entspricht die Terminologie der österreichischen Insolvenzordnung.

Kernelement der Reform war es, statt der Zerschlagung und Verwertung von Unternehmen, die Erleichterung und Förderung der Unternehmenssanierung auch in Liechtenstein zu etablieren. So soll einem redlichen Schuldner der wirtschaftliche Neubeginn erleichtert werden. Das neue Insolvenzrecht sieht die Möglichkeit des Sanierungsverfahrens mit und ohne Eigenverwaltung vor.

Gerade das neue Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung, welches die Vorlage eines Sanierungsplans noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorsieht, soll den Schuldner dazu motivieren, rechtzeitig eine Sanierung zu beantragen und die Insolvenzverschleppung verhindern.

Weiters kann der Schuldner den Sanierungsplan nicht nur vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens einbringen. Damit soll während des gesamten Insolvenzverfahrens die Chance auf eine Sanierung gewahrt bleiben.

Die im Sanierungsplan anzubietende innert 2 Jahren zu begleichende Mindestquote wurde zudem von 40 % auf 20 % herabgesetzt und die Annahme des Sanierungsplanes erleichtert, indem das Zustimmungserfordernis von vormals zwei Drittel auf die einfache Mehrheit der Gläubiger reduziert wurde.

Wird der Schuldner innert zwei Jahren nach Bestätigung des Sanierungsplans wegen betrügerischer Krida verurteilt, wird der Sanierungsplan nichtig und sämtliche Forderungen leben wieder auf. Wurde der Sanierungsplan durch betrügerische Handlungen oder unzulässige Sondervorteile für Gläubiger zustande gebracht, kann der Sanierungsplan auch innert drei Jahren nach Bestätigung des Sanierungsplans mit gerichtlicher Entscheidung aufgehoben werden.

Durch die Insolvenzordnung wurden die bisher bestehenden Forderungsklassen der Gläubiger abgeschafft und allen Insolvenzgläubigern die gleiche Position eingeräumt. Weiters wurden die Rechte der Gläubiger durch die Einrichtung eines Gläubigerausschusses gestärkt.

Eine bedeutende Neuerung ist auch die Einführung eines eigenen Verfahrens zur Entschuldung natürlicher Personen. In diesem Rahmen soll ein redlicher Schuldner in der Regel innerhalb von fünf Jahren eine Restschuldbefreiung und damit einen wirtschaftlichen Neubeginn erreichen können. Die Restschuldbefreiung erfolgt ohne Zustimmung der Gläubiger. Die neuen Bestimmungen für natürliche Personen treten jedoch erst ab 01.01.2022 in Kraft.

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