Unser auf liechtensteinisches Gesellschafts- und Stiftungsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Julian Nigg hat in Co-Autorenschaft mit Domenik Vogt (Partner bei Gasser Partner Rechtsanwälte) einen Fachbeitrag zum Thema „Das Verbot der Einlagenrückgewähr bei der liechtensteinischen Aktiengesellschaft“ verfasst, der im Juni 2025 in Heft 2/2025 der Liechtensteinischen Juristen-Zeitung (LJZ) erschienen ist.
Der Beitrag stellt die wesentlichen Grundlagen und rechtlichen Stolpersteine des Verbots der Einlagenrückgewähr samt Darlegung diesbezüglicher Best Practices dar und wurde nur einen Monat nach Erscheinen bereits in einer Entscheidung des liechtensteinischen Obersten Gerichtshof zitiert (OGH, GE 2025, 123).
Dem Aktionär einer liechtensteinischen Aktiengesellschaft steht weder vor noch bei Auflösung der Aktiengesellschaft ein Recht zu, den eingezahlten Betrag oder die eingebrachten Sacheinlagen zurückzufordern. Dieses Verbot der Einlagenrückgewähr umfasst grundsätzlich jede Finanztransaktion, die unmittelbar oder mittelbar zu einer Kapitalrückzahlung an den Aktionär führt.
Vom Verbot der Einlagenrückgewähr umfasst ist jedoch nur das nominelle Aktienkapital und das nominelle Partizipationskapital. Alle anderen Positionen des Eigenkapitals (inklusive eines allfälligen Agios) gehören demgegenüber nicht zum geschützten Aktienkapital. Damit sind die liechtensteinischen Kapitalerhaltungsvorschriften wesentlich liberaler ausgestaltet als beispielsweise in der Nachbarrechtsordnung Österreich, wo das Verbot der Einlagenrückgewähr das gesamte Gesellschaftsvermögen erfasst und daher grundsätzlich jede unmittelbare oder mittelbare Leistung an einen Aktionär verboten ist, der keine zu Markt- bzw. Drittkonditionen erbrachte Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das Vermögen verringert.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass dann, wenn eine Finanztransaktion mit dem Aktionär in das geschützte Vermögen, d.h. in das nominelle Aktienkapital, eingreift, diese auch nach liechtensteinischem Recht jedenfalls dann nicht gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstösst, wenn sie zu Markt- bzw. Drittkonditionen erfolgt.
Verstösse gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr führen zur Nichtigkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts. Ein Rückforderungsanspruch der Gesellschaft besteht allerdings nur dann, wenn der Leistungsempfänger, d.h. der Aktionär oder ein allenfalls am Rechtsgeschäft beteiligter Dritter, im Empfangszeitpunkt nachweisbar bösgläubig war. Dies ist ein weiterer wesentlicher Unterschied zu den Nachbarrechtsordnungen Schweiz und Österreich, welche den Rückabwicklungsanspruch der Aktiengesellschaft bei Verstössen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht von der Bösgläubigkeit des Empfängers abhängig machen.
Niedermüller Rechtsanwälte verfügt über ein erfahrenes Team an Spezialisten im Bereich Gesellschaftsrecht und berät internationale Mandanten regelmässig in Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen und komplexen, grenzüberschreitenden Unternehmenstransaktionen.
10|2025